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aus dem Unterricht von Johann Moser: Realtime Processing und Mathematik
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Artikel der Kategorie Mai, 2007

Es wird zu viel gerechnet

23. Mai. 2007 Von: Johann Moser Kategorie: Mathematik lernen Keine Kommentare →

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gedruckt am 19. Apr. 2024

Folgende Gedanken geben einen kleinen Einblick in mein pädagogisches Konzept als Mathematiklehrer.

Es wird zu viel gerechnet
„Es wird zu viel gerechnet und zu wenig interpretiert, dargestellt und begründet. Man muss mathematische Kurven nicht nur zeichnen, sondern auch lesen können. International wird seit Langem gefordert, die kommunikative Komponente der Mathematik zu forcieren. Pisa geht in diese Richtung.“
(Didaktikprofessor Werner Peschek von der Abteilung für Didaktik der Mathematik an der Uni Klagenfurt im Gespräch mit dem STANDARD: http://derstandard.at/?url=/?id=1885910)

 

PISA – wenig Kreativität
Die Schwächen der Schüler lägen vor allem dort, wo es gelte, anspruchsvollere Aufgaben zu lösen, sagte Haider – etwa wenn es um das „Verstehen komplexer Zusammenhänge“, um das „Interpretieren von Daten“ und um das „Argumentieren und Schlüsse ziehen“ gehe. Besonders schwer falle es ihnen, ein Problem unter verschiedenen Perspektiven zu betrachten, nach alternativen Lösungen zu suchen und triftige Argumente für Meinungen und Gegenmeinungen zu finden.
(aus: PISA-Leiter Haider: Österreich ist Mittelmaß, derStandard.at, 24. November 2004)

Verstehen, Modellieren und Analysieren von Zusammenhängen
Bereits 15 Jahre vor diesen Analysen haben ein paar Mathematik-Lehrer an Handelsakademien in Oberösterreich die Frage nach einem sinnvolleren Mathematik-Unterricht gestellt. Neben pädagogischen Analysen können auch neue Technologien – leistungsstarke Taschenrechner und PC – eine qualitative Veränderung des Unterrichts ermöglichen: nicht mehr das Durchrechnen mit Hilfe von vorgegebenen Formeln steht im Mittelpunkt des Unterrichts, sondern das Verstehen, Modellieren und Analysieren von Zusammenhängen. Die Möglichkeiten, welche Computer und leistungsstarke Taschenrechner bieten, werden zur Weiterentwicklung des Unterrichts genützt. Natürlich ist damit auch der weitgehende Verzicht auf manch „liebgewonnene“ Algorithmen verbunden. Die Kulturtechniken haben sich verschoben – vom „Kopfrechnen“ zum „Knopfrechnen“.

Relevanz der Mathematik
Hinter den Kulissen unserer Kultur finden sich überall mathematische Konzepte. Der Unterricht soll diese Relevanz der Mathematik für gesellschaftlich und wirtschaftlich wichtige Bereiche erfahrbar machen. Ein Schwerpunkt der pädagogischen Betreuung von Mathematiklehrer/innen wird wohl das Verfügbarmachen bewältigbarer Anwendungen sein.

Das vorliegende Projekt
Die allmählich erweiterten Webseiten dieses Projekts können einen kleinen Einblick in ein neues Unterrichtskonzept geben und sollen zugleich für alle Mathematiklehrer/innen – aber auch allen an angewandter Mathematik Interessierten – Unterlagen und Anregungen bereitstellen. Das vorliegende Web-Projekt ist nicht als Gesamtkonzept eines Mathematik-Unterrichts zu verstehen, sondern – zumindest vorläufig – eine „Lose-Blatt-Sammlung“, eine Dokumentation von mir verwendeter bzw. erstellter Unterlagen, soweit sie von der traditionellen Norm des Unterrichts abweichen.

Warum ich kein Schulbuch verwende
Die Unterlagen sind unabhängig von der Wahl eines Schulbuches verwendbar, ebenso wird wohlüberlegt auf die Verwendung eines bestimmten Taschenrechners oder spezieller PC-Software verzichtet. Die Verwendung einer Tabellenkalkulation hingegen ist aus verschiedenen Gründen wünschenswert.

  • Sie werden hier Hintergrundinformationen für Lehrer/innen finden,
  • andere Unterlagen dienen als Arbeitsblätter (die an eigene Bedürfnisse angepaßt und überarbeitet werden können),
  • darüber hinaus gibt es interaktive Seiten – Schüler/innen können direkt „am Netz“ im Unterricht oder zu Hause Aufgaben bearbeiten und Analysen vornehmen.
  • Ich verwende im Unterricht seit Jahren kein Schulbuch mehr. Das hat zur Folge, dass ich viel konsequenter auf Anregungen, Fragen, Interessen von Schüler/innen eingehen kann. Diese Freiheit wünsche ich allen meinen Kolleg/innen. Der Unterricht erhält dadurch eine andere Dynamik – es ist nicht mehr egal, wer als Schüler/in in der Klasse sitzt. Klarerweise bleibt dabei der Lehrplan der Leitfaden für den Unterricht, die Zugänge zu den Themen können sich allerdings ändern.

Das Projekt bleibt unvollständig und exemplarisch
Eine didaktisch-methodische Bearbeitung einzelner Themen mit ausführlichen Kommentaren und das Reflektieren grundsätzlicher Fragen des Unterrichtens sind allerdings aus arbeitszeitlichen Gründen nicht möglich. Sollte einmal eine Schulbehörde erkennen, dass ich mit meinen öffentlichen Unterlagen und Arbeitsanleitungen weit mehr Schüler/innen und Student/innen erreiche als im üblichen Klassenunterricht und eine entsprechende Abgeltung für diese Arbeit vorsieht, kann ich meine Ansätze auch vervollständigen und ausführlicher kommentieren. Ich glaube aber nicht daran, dass es soweit kommen wird.

Übrigens: Der Autor übernimmt keine Gewähr auf Richtigkeit. Über Hinweise auf Fehler bin ich natürlich dankbar.

Anmerkung 2021

Dieser Text stammt aus dem Jahr 2007, lange vor Kompetenzorientierung und Zentralmatura. Inzwischen haben obige Überlegungen Eingang in den Mathe-Unterricht gefunden und die Schulbücher haben sich – mit den Aufgabestellungen der Zentralmatura – entsprechend weiter entwickelt. In meinen letzten Schuljahren habe ich daher wieder Schulbücher verwendet.