Betreutes Üben – betreutes Lernen
gedruckt am 03. Oct. 2024
Klassisches Lernen findet zumeist immer noch (nur) zweistufig statt: In der Schule wird von der Lehrkraft ein Thema erklärt und dann gibt es die Hausübung. Schüler/innen, die leicht lernen, benötigen nur wenig Hausübung, Schüler/innen, die sich schwerer tun, kommen mit der Hausübung alleine nicht so gut zurecht. Oft wird die Hausübung nur abgeschrieben, das Lernen durch Üben hat einen großen Unlustfaktor, weil es zudem zur Freizeit in Konkurrenzverhältnis steht und auch meist alleine geübt wird.
Erst nach einer ersten Übungsphase (ein bis zwei Unterrichtsstunden) vergleichen wir gemeinsam Lösungen, Lösungswege und besprechen Probleme in der Auffassung von Aufgaben und Themen, bündeln das erarbeitete Wissen, die Fertigkeiten und schaffen es, dass alle die richtigen Lösungswege in ihren Mitschriften haben.
Dieses betreute gemeinsame Üben hat noch den Vorteil, dass Schüler/innen ihr eigenes Lern-Tempo einschlagen können (wenn schlechtere Schüler/innen gemeinsam arbeiten) oder dass langsamere oder schlechtere Schüler/innen von besseren profitieren. Homogene Gruppen mit guten Schüler/innen können die Aufgaben schneller lösen und zu anspruchsvolleren Aufgaben vordringen und erfahren auf diese Weise eine Art von Begabtenförderung.
Bei Bedarf kann ich mich als Lehrkraft einer einzelnen Gruppe etwas länger widmen und lernschwachen Schüler/innen noch einmal erklären, lernfreudigen Schüler/innen spezielle Anregungen geben. Lernschwachen Schüler/innen empfehle ich, die gemeinsam gelösten Übungen zu Hause noch einmal allein zu lösen, auf Korrektheit und eventuell auch auf die benötigte Zeit zu achten.
Das betreute Üben sorgt meist für heitere und positive Lernstimmung – auch unmittelbar vor Schularbeiten. Dass allerdings auch auf diesem Wege nicht alle Schüler/innen eine entsprechende Lernbereitschaft zeigen, nehme ich zur Kenntnis, dafür gibt es viele zumeist persönliche Gründe, die nicht unbedingt am Unterricht und in der Schule zu finden sind. Der überwiegende Teil der Schüler/innen profitiert auf jeden Fall, und zwar interessanterweise auf allen Lern-Niveaus.
Das betreute Üben und Lernen habe ich hier aus der Perspektive des Mathematik-Unterrichts beschrieben. Das läßt sich in allen anderen Fächern ebenso verwirklichen. In Fremdsprachen würde ich auch gemeinsame Vokabel- bzw. Grammatik-Lernphasen einführen (weil es in kleinen Gruppen einfach interessanter und abwechslungsreicher ist). Schüler-Referate bzw. Zusammenfassung von Sachgebieten könnten zumindest teilweise in der Unterrichtszeit erarbeitet werden und dadurch den Aktivitätspegel der Schüler/innen deutlich erhöhen.
Weniger halte ich dagegen von Unterrichtsformen, in denen sich Schüler/innen die Lerngebiete (Fächer) selber einteilen und fachfremde Lehrkräfte lediglich Aufsicht führen. Die zumindest in höheren Schulen nötige Hilfestellung (für Schwache) bzw. Anregung (für Leistungsstärkere) seitens der Lehrkraft und die entsprechende Beobachtung der Leistungsniveaus wird dadurch unnötig vernachlässigt und damit werden entsprechende unterrichtsimmanente Förder-Chancen vergeben.
Das betreute Üben und Lernen gibt der von Theodor W. Adorno bzw. Konrad Paul Lissmann geforderten Muße in der Bildung ihrem Raum – siehe: Zur Theorie der Unbildung – da die individuell nötige Lernzeit Berücksichtigung findet.